
ART DES MONATS • ERSTAUNLICHES AUS FLORA UND FAUNA | von Lisa Wiebe
Gnitzen (Ceratopogonidae)
Eine Art, die kaum jemand kennt.

Culicoides (Diptera: Ceratopogonidae)
Diesen Monat habe ich euch gleich eine ganze Arten-Familie mitgebracht. Die Familie der Ceratopogonidae, zu deutsch: Gnitzen.
Wenn ich erzähle, dass ich zu Gnitzen forsche, dann schauen mich die meisten Leute fragend an: Von diesen kleinen Zweiflüglern haben noch nicht so viele Leute gehört. Das liegt vielleicht daran, dass die Gnitzen wesentlich kleiner sind als ihre Verwandten, die Stechmücken.
Die meisten Gnitzen der rund 6.206 Arten aus dieser Familie sind harmlos. Sie ernähren sich von Pflanzensäften und fallen nicht weiter auf. Daher werden sie in den USA auch „no-see-ums“, also „die, die man nicht sieht“ bezeichnet.
Proteine für die Eiproduktion
Nur einige Arten, und dann auch nur die Weibchen, können uns lästig werden, weil sie uns stechen und unser Blut saugen. Die Weibchen benötigen das Blut wegen der darin enthaltenen Proteine für die Eiproduktion.
In Europa sind nur Arten aus der Gattung Culicoides mit einem Stechrüssel ausgestattet. Und genau diese Gattung ist es auch, mit der ich mich in meiner Forschung beschäftige.
Denn während über die anderen Gattungen kaum etwas bekannt ist, sind die blutsaugenden Gnitzen ein immer stärker beachtetes Forschungsgebiet. Der Grund dafür sind Viren, die von den Gnitzen übertragen werden können.


Gefahr für Nutzvieh
Ihr braucht euch aber keine Sorgen zu machen, solange ihr kein Wiederkäuer seid. Das einzige Virus mit dem Namen Oropouche, das auch Menschen krank machen kann, ist von europäischen Gnitzen bisher noch nicht übertragen worden.
Für Schafe und Rinder sieht das Ganze etwas anders aus: Sie können am Blauzungen-Virus und am Schmallenberg-Virus erkranken. Beide Viren können Fieber, Durchfall, Entzündungen und im Fall des Blauzungenvirus auch eine bläuliche Schwellung der Zunge auslösen und im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen.
Mit unserer Forschung vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung versuchen wir die Ökologie der Gnitzen zu erforschen, um besser vorhersagen zu können, wie sich die Krankheit ausbreitet. Wir wollen herausfinden, wann und unter welchen Bedingungen sich die Gnitzen entwickeln, welche Wirte sie bevorzugen und wie sie diese finden. So wollen wir konkrete Maßnahmen entwickeln, um die Nutztiere in Zukunft bestmöglich zu schützen.
Größenvergleich - Weiblein und Männlein

500 µm sind 0,5 mm; A ist ein Weibchen und B ist ein Männchen, erkennbar an den buschigen Fühlern.